Seit dem Ende des Jahres 2021 arbeitet der Landkreis intensiv an der Schaffung neuer Unterkünfte für Geflüchtete. Die Flüchtlingskonzeption des Landkreises verfolgt das Ziel, ausreichende Unterbringungskapazitäten zu schaffen, um bei steigenden Flüchtlingszahlen handlungsfähig zu bleiben, ohne auf Notunterkünfte wie die Belegung von Turnhallen zurückgreifen zu müssen. Allerdings gestaltet sich der Aufbau von Wohnheimplätzen als anspruchsvoll und zeitaufwendig, nicht zuletzt aufgrund der Anweisung des Landes Baden-Württemberg vor einigen Jahren, die zuvor geschaffenen Kapazitäten aus der Flüchtlingskrise von 2015/16 abzubauen.
Seit 2021 hat der Landkreis seine Unterbringungsmöglichkeiten von rund 1.100 (im Dezember 2021) auf knapp 3.000 (im September 2023) erhöht. Trotz dieser Kapazitätserweiterung haben die Zugangszahlen von Geflüchteten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, bereits 2022 dazu geführt, dass die Kapazitäten nicht mehr ausreichten. Unter anderem musste vorübergehend eine Turnhalle als Ankunftszentrum für Menschen aus der Ukraine genutzt werden.
Obwohl der Landkreis seine Kapazitäten erweitert hat, sind die Wohnheimplätze nahezu erschöpft. Allein seit April 2023 sind die monatlichen Zuweisungen des Landes um 350 Prozent gestiegen. Im abgelaufenen September wurden dem Landkreis beispielsweise 253 geflüchtete Personen vom Land Baden-Württemberg in vorläufige Unterbringungseinrichtungen zugewiesen. Auch im Oktober sind die Zuweisungszahlen ähnlich hoch.
Frank Schneider, der Leiter des Ausländeramts, betont: „Um die zugewiesenen Menschen unterzubringen, ist es erforderlich, die vorgehaltene Zeltunterkunft am Beruflichen Schulzentrum in Backnang als Notreserve zu nutzen. Ohne die Belegung dieser Notunterkunft kann der Rems-Murr-Kreis seine Verpflichtung gegenüber dem Land Baden-Württemberg nicht mehr erfüllen. Die Stadt Backnang und die Schulleitung wurden rechtzeitig über diese Notwendigkeit informiert.“
In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Backnang werden dort nach aktuellem Stand am Donnerstag, den 19. Oktober 2023, 120 Menschen untergebracht. Die geplante Belegung umfasst sowohl alleinstehende als auch familiengebundene Geflüchtete. Die Anlage besteht aus drei beheizbaren Wohnzelten mit insgesamt 436 Plätzen.
„Die Vollbelegung der Zeltunterkunft ist nicht unser Ziel. Wir können dieses Ziel jedoch nur erreichen, wenn es gelingt, die Flüchtlingsmigration zu steuern und zu begrenzen. Wir stehen zu unserer humanitären Verpflichtung als Landkreis, müssen jedoch feststellen, dass wir an unsere Kapazitätsgrenzen gelangen. Daher hoffe ich, dass die jüngste Einigung der EU-Staaten auf eine Asylreform einen historischen Wendepunkt markiert und die irreguläre Migration in Europa effektiv einschränkt“, so Landrat Dr. Richard Sigel.
Auch aus Sicht der Stadtverwaltung Backnang eignet sich der Standort der Zeltunterkunft nicht für eine dauerhafte Unterbringung der geflüchteten Menschen. Dies verdeutlicht, dass bei der Unterbringung, Versorgung und Integration vor Ort die Belastungsgrenze erreicht ist.
Um eine dezentrale Verteilung sicherzustellen, wird derzeit an verschiedenen Standorten im Rems-Murr-Kreis, darunter Backnang in der Öhringer Straße und im Kuchengrund, die Fertigstellung weiterer Unterkunftsprojekte und Wohnheimplätze vorangetrieben.
Für die Nutzung der Zeltunterkunft kann der Landkreis auf erfahrenes Personal zurückgreifen, das größtenteils bereits seit der Flüchtlingskrise von 2015/2016 in diesem Bereich tätig ist. Zusätzlich werden täglich zwei Sozialbetreuer/innen vor Ort sein, um die Bewohnerinnen und Bewohner bestmöglich bei ihrer Integration in die Unterkunft und die Stadt zu unterstützen. Ein Sicherheitsdienst wird die Unterkunft ebenfalls vor Ort betreuen.
Um die Anwohnerinnen und Anwohner über die Situation vor Ort zu informieren, wird der Landkreis in Abstimmung mit der Stadt Backnang vor der Erstbelegung eine Informationsveranstaltung abhalten. Die Anwohnerinnen und Anwohner erhalten hierzu noch eine separate Einladung mit weiteren Informationen zur Erstbelegung sowie Kontaktdaten für sämtliche Anliegen zur Unterkunft und etwaiges ehrenamtliches Engagement.
Original-Content von: Polizeipräsidium Aalen (ots)
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